Schlagwörter: Politik – Wahlen – Diskriminierung
Euch mag vielleicht aufgefallen sein, dass Bundestagswahlen anstehen. – Ja, ich weiß! Bei dem Thema steht Haare raufen und lamentieren an, denn so ziemlich jede*r kann es nicht mehr hören. Ich zumindest nicht. Wo Menschen sich viel und gerne empören, geht aber einiges oft schief und darüber möchte ich kurz sprechen.
Die Kandidat*innen für die Bundestagswahl und Kanzleranwärter*innen mögen selten Mehrfachdiskriminierung aufweisen, aber tatsächlich gibt es einige unter ihnen, die nicht weiß, hetero und männlich gleichzeitig sind. Merkel ist trotz Status und Geld immer noch ein Ziel von Sexismus, Rösler von Rassismus und Westerwelle von Heterosexismus. In the grand scheme of things¹ geht es diesen (und einigen anderen) Politiker*innen natürlich ziemlich gut. Das ist es, was z.B. Geld tut. Aber sie können, trotz Status, immer noch Ziel von diskriminierenden Angriffen sein.
Ich möchte hier weniger darauf hinaus, was das für sie persönlich bedeutet (es macht einen Unterschied, ob eine Person auf politischer Ebene kritisiert wird oder unter der Gürtellinie (RW = Redewendung)). Ich möchte darauf hinaus, dass Diskriminierung nicht lustig wird, nur weil sie gegen „die Starken und Mächtigen“ gerichtet ist.
Wenn Merkel auf ihr Äußeres reduziert wird, schreibt das den Gedanken fort, dass es okay ist, Frauen* nach ihrem Äußeren zu bewerten. Sexistische Aussagen über Merkel zementieren immer noch herkömmlichen Sexismus, weil es diskriminierenden Strukturen egal ist, wer heute das Ziel ist – was hängenbleibt und fortgeschrieben wird, ist der niedere Status der Gruppe, über die da gewitzelt wird. Das gleiche gilt für Rösler oder Westerwelle. Es ist keine Kritik an der Person, wenn man ihr den falschen Umgang mit ihrer eigenen Herkunft unterstellt. Das ist ganz blanker Rassismus, der ein „Wir“ gegen „die anderen“ herstellt. Wenn eine Zeitung wie die taz sich erdreistet, ur-rassistische Fragen zu stellen, bleibt nicht nur „Ach das darf man Rösler fragen.“ hängen. Man „darf“ das Rösler fragen, weil er nicht zum Uns gehört. Man darf das folgerichtig alle fragen, die nicht zum Uns gehören. Das ist Fortschreibung von Rassismus. Und jeder müde heterosexistische Witz über Westerwelle ist so schon über 1000 andere gemacht worden, die aufgrund ihrer Sexualität oder als mangelhaft eingeschätzter gender-performance als Schwächere eingeordnet wurden. Da muss mir keine*r erzählen, das hätte noch irgendwas mit der Person zu tun.
Mein Punkt ist: Es ist mir scheißegal, was du über Merkels Körperbau, Röslers Reisgewohnheiten oder Westerwelles Partnerschaft denkst. Halt einfach den Mund, wenn dir außer diskriminierenden Angriffen nichts einfällt. Wir leben in diskriminierenden Strukturen, wo eine Handlung nie nur für sich steht. Sie steht für ein ganzes diskriminierendes System, das auf diese Art weiterhin am Leben erhalten wird. Bring entweder eine sachliche Kritik an oder lass es ganz.
1 Im Großen und Ganzen
PS: Es tut mir so leid, dass ich ein Wortspiel auf die Wahl in den Titel eingebaut habe.