Glossar

Eine Sammlung kurzer Erklärungen von Begriffen, die ich häufiger auf diesem Blog verwende. Ich gebe mir bei der Definition Mühe, was leider nicht heißt, dass sie nicht mal schiefgehen werden.

* – Eine Kennzeichnung an Wörtern, mit denen Personen exakt zwei Geschlechtern zugeordnet werden („weiblich“ und „männlich“, „Frau“ und „Mann“), die in meinem Falle bedeutet: ich bin mir dessen bewusst, dass es sich hier um eine gesellschaftliche Konstruktion handelt, möchte den Menschen zugestehen, dass sie sich anders identifizieren (können) und werde die entsprechenden Bezeichnungen für konkrete Personen sofort anpassen, wenn mir zugetragen wird, dass ich sie falsch bezeichnet habe.
Oft heißt dieses Zeichen bei mir auch: „allgemein als xyz wahrgenommene Person“ – also wie Unbekannte das Geschlecht dieser Person „lesen“ würden, wenn sie an die ausschließliche Zweigeschlechtlichkeit glauben.

Ableismus – Diskriminierung aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung oder psychischer und/oder körperlicher (chronischer) Krankheit.

Cis-Sexismus (Transphobie¹) – Diskriminierung aufgrund von Transsexualität

Cis-Sexualität – Die Zuordnung von Gender und sexuellem Geschlecht (Sex), die die Außenwelt für eine Person trifft, wird von dieser als selbstverständlich wahrgenommen und nicht in Frage gestellt.

Gender – Das von einer Person empfundene eigene Geschlecht, das nicht mit den (äußeren und/oder inneren) Sexualorganen oder restlichen Sexualmerkmalen übereinstimmen muss.

Heterosexismus (Homophobie¹) – Diskriminierung aufgrund von Homosexualität

Intersektionalität – Das Konzept der Mehrfachdiskriminierung; Eine Person ist selten nur von einer Ebene der Diskriminierung betroffen, sondern kann von mehreren betroffen sein (schwarz und lesbisch z.B.). Mehr noch: man kann in verschiedener Hinsicht diskriminiert sein und gleichzeitig auf anderen ebenen privilegisiert (etwa weiß und behindert). Letztere Situation trifft übrigens auf die meisten Menschen zu.

Klassismus – Diskriminierung aufgrund der Klassenzugehörigkeit. (Ich möchte erwähnen, dass ich dem Konzept von Klassen an sich gegenüber negativ eingestellt bin, kann aber nicht verneinen, dass unsere Gesellschaft immer noch gerne auf der „Unterschicht“ herumhackt und der „Oberschicht“ die Schuhe leckt.)

Monosexismus (Biphobie¹) – Diskriminierung aufgrund von Bi- oder Pansexualität

Pansexualität – Sexuelle Orientierung, die kein bestimmtes Geschlecht präferiert. (Je nach Defintion das gleiche wie Bisexualität, falls nicht nur Cis-Sexuelle und nicht-genderqueere Geschlechtspartner*innen in Frage kommen.)

Passing-Privileg bzw. das Privileg „durchzugehen als …“ – Hierbei handelt es sich um ein Privileg, dass sich zwischen Privilegisierung schlechthin und Diskriminierung ansiedeln lässt. Menschen haben es inne, wenn die Eigenschaften, die sie Diskriminisierung aussetzen, zeitweise nicht sichtbar sind.
Nicht-Heterosexuelle können etwa von diesem Privileg profitieren, so lange sie nicht mit dem Anschein nach gleichgeschlechtlichen Partnern unterwegs sind. Wichtig ist hier jedoch zu verstehen, dass Menschen, die vom Passing-Privileg betroffen sind, automatisch auch von Diskriminierung betroffen sind. Das Privileg besteht nur in Relation zu anderen Ebenen der Diskriminierung, da sie von „ihrer“ Diskriminierung unter bestimmten Umständen eine Pause bekommen – wie es für Menschen of Color z.B. meist nicht möglich ist.

People of Color, oft abgekürzt POC, bei mir auch „Menschen of Color“ – Selbstbezeichnung von Nicht-Weißen. (Wir können uns hoffentlich darauf einigen, dass schon der Begriff „Nicht-Weiße“ schrecklich eurozentrisch und generell problematisch ist.)

Privileg – Strukturelle Bevorteilung einer Person aufgrund von Merkmalen, die (meist!) nicht erworben werden können, wie etwa Geschlecht, sexuelle Orientierung, Hautfarbe, Cis-Sexualität, Klassenzugehörigkeit, Einwandererstatus, körperliche und geistige Verfassung etc.
Siehe auch hier.

Sexismus – Auf diesem Blog: Diskriminierung aufgrund des wahrgenommenen weiblichen(!) Geschlechts.
Kurzer Ausflug: Jeder kann geschlechterbasierte Stereotype und Vorurteile hegen und aufgrund dessen Diskriminierung ausüben. Mit anderen Worten: man kann Männer* aufgrund ihres Geschlechts diskriminieren. Jedoch kommt bei der Diskriminierung von Frauen* eine Jahrhunderte währende Geschichte der Unterdrückung hinzu, die nicht nur in Hexenverbrennungen und [Triggerwarnung] Vergewaltigung in der Ehe mündete (da Frauen* als Besitztum angesehen wurden) sondern sich z.B. auch bei verwehrtem Wahlrecht und Einweisung in die Psychiatrie wegen „Hysterie aufgrund einer wandernden Gebärmutter“ zeigten (mit anderen Worten: eine Meinung haben, denn dieses Krankheitsbild gab es nicht für Männer*).
Sexismus ist also Diskriminierung aufgrund des Geschlechts mit einer zusätzlichen gesellschaftlichen Machtposition der Person, die diskriminiert gegenüber der Person, die diskriminiert wird. Eine ausführlichere Erklärung hier.
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts von Frauen* gegenüber Frauen* nennt sich internalisierter² Sexismus.

Slut Shamingklick

Victim Blaming – Das Verhalten, Opfern von Diskriminierung und/oder Verbrechen direkt oder indirekt (Mit-) Schuld an selbigem Ereignis zuzuweisen. Siehe auch.

Pronomen

sie_er hän
ihr_ihm sim
sie_ihn sin
   
sein_ihr sir
seinem_ihrem sirem
seinen_ihren siren
   
dessen_deren desren
der_die ki (Relativpronomen)
   
jede_r jese
jedem_jeder jesem
jeden_jeder jesen

1 „Phobie“-Begriffe verwende ich in diesem Zusammenhang nicht, da sie ableistisch sind.
2 verinnerlichter

Dieser Artikel wird regelmäßig aktualisiert. Letzte Änderung am 17.03.2012, 01:45

11 Gedanken zu “Glossar

  1. von wg. cis-sexuell/-sexualität würde ich gerne anmerken, dass ich das bisher so verstanden haben, dass diese „dreieinigkeit“ von sex/gender/body bei cis-sexualität bisher/seit geburt an/nicht selbst infrage gestellt bzw. akpzeptiert und quasi selbstverständlich gelebt wurde (anders als zB bei bi-, trans- etc. -sexualität).
    vgl. diskussion hierzu – englisch
    http://www.thefword.org.uk/blog/2008/03/cissexual

  2. Interessantes Glossar! Ich frage mich und hiermit auch dich, wies mit Ableismus und chronischen körperlichen Krankheiten aussieht, die für mich da bisher auch drunter fielen, du hingegen schreibst „nur“ von den psychischen, wobei chronische somatische Krankheiten oft auch (auf dem Papier) einen Behinderungsgrad nach sich ziehen, jedoch meiner Erfahrung nach eher nicht als körperliche Behinderung wahrgenommen werden, was sie jedoch temporär bedeuten können.
    Ich beschäftige mich grade öfter damit, wie das ist, als physiotypischer (gutes Wort übrigens) Mensch wahrgenommen zu werden, mich selbst allerdings erlebe ich eher als Mensch mit Behinderung aufgrund einer chronischen Krankheit, das ist mitunter ganz schön seltsam…

    1. Danke für deine Frage! Die ist sehr relevant. Man spricht zwar manchmal von „passing privilege“, also dem Privileg, als „nicht-diskriminierte“ Person auf einer bestimmten Ebene durchzugehen (wie zum Beispiel als heterosexuell), aber das hat für deine Frage wenig Relevanz. Mir geht gerade auf, dass ich das auch noch erläutern sollte. Wie auch immer.
      Mit anderen Worten: ich bin der Meinung, dass chronische (auch somatische) Krankheiten mit dazu gehören – eigentlich alles, was zu körperlicher Behinderung (oder geistiger Krankheit) führt, wenn auch temporär. Ich werde es entsprechend abändern.

      Man sollte lediglich im Hinterkopf behalten, dass es immer gewisse Abstufungen gibt, wie stark Menschen tatsächlich betroffen sind. Also behindert ist nicht gleich behindert. Damit möchte ich aber keinem_r das Recht aberkennen, sich als von Ableismus betroffen zu bezeichnen bzw. behindert zu verstehen, weil das jede Person selbst am besten weiß!
      Meine Bullshit-Radar setzt erst dort ein, wo man sich strukturell unterdrückt fühlt, weil man für 5 Tage seinen Finger wegen einer Verstauchung stillhalten muss…

  3. Durch den immer geringeren Einfluss der Klassen, spricht man heute eher von Schichten oder Milieus.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Klasse_%28Soziologie%29

    Und kein Sexismus gegen Männer? Das ich meine Gefühle unterdrücken soll, keinen Körperkontakt mit mänlichen Freunden haben soll, mich mit nagellack lakierenden Dumpfbacken abgeben soll, schlicht einem gewissen Rollenbild entsprechen muss siehst du nicht als systematische Unterdrückung? Es geht hier ja nicht darum wer es schlimmer hat, sondern um Unmenschlichkeit.

    Auch halte ich das Ablehnen von strategischem Sexismus, wie der Frauenquote, in einer Welt die nicht „Post-gender“ für ungerecht.
    Siehe:

    1. Danke @Schichten. „Schichtismus“ klingt nicht sehr schick, deswegen bleibe ich bei Klassismus, aber sonst wird mir das Wort sicher gute Dienste leisten.

      Im Text steht bereits, warum Sexismus hier nur als Diskriminierung von Frauen* gilt.

      Wenn ich dich richtig verstehe, glaubst du, ich lehne die Frauen*quote ab? Warum?

  4. Aber allein der historische Kontext reicht doch nicht als Begründung.
    Machst du damit nicht genau den Fehler dem Feminismus immer vorgeworfen wird, sich nur auf die weibliche Seite zu konzentrieren und damit den Fokus des gesamtgesellschaftlichen Aspektes zu verlieren?
    Nur wenn du das Zwängen von Jungs in typisch mänliches Verhalten genaus kritisierts wirst du eine Veränderung erreichen, da sich sehr viel wechselseitig beeinflusst (zumindest sehr stark bei Heterosexuellen, siehe die Weichei-Diskussion).
    Wenn du neben dem historischen noch weitere Argumente hast würde die mich natürlich interessieren.

    Dein Ablehen der Frauenquote hab ich aus einer generallen Ablehnen von Ungleichbehandlung interpretiert, wenn ich mich geirrt hab tut es mir natürlich leid.

    1. Ich sprach nicht (nur) vom historischen Kontext, sondern dem, was daraus resultiert:

      Sexismus ist also Diskriminierung aufgrund des Geschlechts mit einer zusätzlichen gesellschaftlichen Machtposition der Person, die diskriminiert gegenüber der Person, die diskriminiert wird. Eine ausführlichere Erklärung hier.

      -ismus setzt immer Diskriminierung aus einer strukturellen Machtposition heraus voraus.

      „Feminismus“, wie das Wort schon sagt, ist dafür designt, sich um die Belange von Frauen* zu kümmern! (Mehr dazu auch in dem ersten Artikel, den ich verlinkte.)
      Tatsache ist, dass (meine Form von) Feminismus sich sehr wohl der Problematik bewusst ist, dass Männer* und Frauen* verschiedenen Rollenmustern zu folgen haben, die ihnen mehrheitlich schaden und diese werden aktiv abgelehnt. In den Quellen, die ich gelesen habe, wird durchaus immer wieder die „männliche Seite“ der Medaille erwähnt, weil sie in der Tat für das Gesamtbild sehr einleuchtend ist, aber ich hoffe, du verstehst, dass eine Bewegung, die sich „Feminismus“ und nicht „Menschismus“ oder „Maskulismus“ nennt, tatsächlich öfter mit der Diskriminierung von Frauen* beschäftigt.
      Ich habe manchmal den Eindruck, wenn es nicht in der Mehrheit eines Textes um Männer* (oder Weiße oder Heterosexuelle oder Cissexuelle …) geht, fühlen die sich sofort ausgeschlossen, weil sie derart dran gewöhnt sind, dass ihre Weltsicht transportiert und hofiert wird und keine andere.

      Um es nochmal deutlich zu sagen: nein, ich bin für eine Frauen*quote.

  5. Den Hinweis zu den Klassen kann man getrost ignorieren, das ist bürgerliche Propaganda. Entweder man hat Produktionsmittel oder nicht.

    Nichts zu danken:
    eine Nagellack lackierende Dumpfbacke

    1. Thanks dazu. Ich bin in die Richtung leider reichlich unbeleckt und erkenne nur „Ey, schon mal an Leute ohne Geld gedacht?“-Niveau.

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